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Die Baumärkte öffnen wieder: Neue Farbe, neues Glück

Nach mehreren Wochen an strengen Ausgangsbeschränkungen öffnen heute in Österreich wieder die Baumärkte. Schon nach wenigen Stunden wird deutlich, dass ein ungewöhnlich hoher Anteil der Bevölkerung die kommenden Wochen nutzen möchte, um das eigene Zuhause zu verbessern. Besonders häufig finden sich Wandfarben und Anstrichsmittel in den Einkaufswägen der Hobbyhandwerker. Ich möchte mit diesem Artikel allen, die überlegen neu zu streichen, Inspiration schenken und sichere Alternativen zum Standardweiß vorstellen.

Warum so häufig Weiß?

Der Großteil aller Wände in deutschsprachigen Ländern ist weiß. Meist gibt es drei Gründe für weiße Wände: Zu wenig Entscheidungskraft, mangelndes Vorstellungsvermögen und Bequemlichkeit. Dabei ist reines Weiß in den wenigsten Fällen das Optimum an atmosphärischer Ausstrahlung. Wer sich nach einer ruhigen, zurückhaltenden Stimmung sehnt, sollte unbedingt überlegen, ob ein standardweißer Neuanstrich wirklich die beste Aufwertung ist.

Reinweiß ist nicht neutral

Die meisten Menschen trauen sich nicht so recht daran etwas auszuprobieren und entscheiden sich mehr aus Unsicherheit als echter Überzeugung für standardweiße Wände. Dabei gäbe es oft viel besser geeignete (häufig helle jedoch nicht ausschließlich) Töne und auch eine Vielzahl an großartigen Weißtönen für Freunde des Einfachen, des Minimalismus und des Hauchzarten. Hochweiß ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht neutral, da es zu sehr vielen Farben einen (zu) harten Kontrast bildet.

Ruhige Farben

Es gibt meist viel besser geeignete dezente, ruhige Hintergrundfarben als Weiß. Farbkonzepte müssen nicht unbedingt bunt sein, um eindrucksvoll zu wirken. Gutes Farbdesign muss nicht einmal wirklich auffallen. Es gibt mehr gestalterische Optionen als den Einsatz von starken Farben, Komplementär-Kontrasten und harten Akzenten. Gerade für Feinfühlige oder Menschen, die untertags starken Reizen ausgesetzt sind, kann es wichtig sein sanfte Farben für das Zuhause zu wählen. In Zeiten in denen wir uns vermehrt in den eigenen vier Wänden aufhalten, stehen bei vielen gewagtere Experimente noch weniger hoch im Kurs. Sich aus Angst jedoch für Weiß zu entscheiden, wäre häufig schade.

Den leisen Tönen Gehör verschaffen

Ich liebe Farben mit all ihren Schattierungen. Reines Weiß ist in unseren Breitengraden jedoch in den wenigsten Fällen die beste Wahl für Wandanstriche. Kurz zusammen gefasst: Reines Weiß ist so hell, dass es für uns großflächig eingesetzt unterbewusst eine Reizüberflutung darstellt. Zudem ist das Licht in Mitteleuropa nicht zu vergleichen mit südlicheren Ländern, in denen strahlende Weißtöne eine völlig andere Anmutung haben. Eine unbedenkliche Alternative sind häufig helle, leicht gräuliche Töne. Sie nehmen sich angenehm zurück und lassen Möbel und Dekoration galant zur Geltung kommen.

Vergraute Grüntöne

So setzen Galerien und Museen häufig vergraute Grüntöne ein, weil auf ihnen Gemälde besser als auf Reinweiß inszeniert werden können. Zartes Schilfgrün oder Salbeigrün ist wesentlich zurückhaltender als hartes Reinweiß. Erdige Grüntöne haben immer etwas wärmendes an sich. Kühle Graugrüntöne eigenen sich häufig sehr gut für Bereiche in denen du sonst zuerst zu Reinweiß greifen würdest. Vor Jahren hatte ich mich bei einer Wohnungsbesichtigung auf Anhieb in die zart grünen Türen verliebt. Als ich dann einzog, musste ich mit Erschrecken feststellen, dass die Hausverwaltung sie Knallweiß hatte überstreichen lassen. Das hatte ich unter Renovierung wirklich nicht verstanden. Als ich die Vermieterin darauf ansprach, meinte sei, sie dachte etwas Neutrales wäre besser. Wie schade, das hat unheimlich viel Flair weggenommen und dieses sanfte helle Grün wäre ohnehin zu sehr vielem eine hervorragende Kombinationsfarbe gewesen.

Stilles Grau

Vor allem in Frankreich ist Grauweiß eine beliebte Wandfarbe. In früheren Jahrhunderten wurde besonders gerne ein goldener Kontrast dazu gesetzt. Doch das französische Weiß wie es auch gerne genannt wird, lässt sich sowohl zu warmen als auch kühlen Farben kombinieren. Es ist eine ideale Hintergrundfarbe, wenn es in einem Raum an natürlichem Licht mangelt. Im Gegensatz zu Weiß kaschiert es die Schwäche geschickt, wenn ein Raum zu dunkel ist. Auch zu klein dimensionierte Räume wirken mit hellem Grau größer als mit reinem Weiß. Die zurückhaltende Farbigkeit lässt auch niedrige Decken weniger drückend erscheinen, da sie weniger präsent wirken.

Zartes Graublau

Eine ähnliche Wirkung kann auch von zarten Graublautönen erwartet werden. Niedrigen Decken steht ein Anstrich in luftigen Graublau oft exzellent. Die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen so viel mehr als mit reinem Weiß. Nicht weiter verwunderlich, wenn du dir die Farbe des Himmels eines durchschnittlichen Tages in Mitteleuropa vorstellst, oder? Das schafft Raum zum Atmen! Aber Vorsicht, wir sprechen hier wirklich von hellen, nebeligen Graublau-Nuancen. Werden sie dunkler, ist ihnen oft eine metallische, verdichtende Wirkung eigen, die wie ein schwerer Deckel wirken kann. Denn Blau ist entgegen landläufigen Meinung nicht immer weitend und befreiend.

Umbren – warme bis neutrale Graubrauntöne

Unter Umbren versteht man warme bis neutrale Graubrauntöne. Ihre Zusammensetzung aus rötlichen, gelblichen und gräulichen Pigmenten macht sie besonders wandlungsfähig und dabei lichtstabil. Ein in mit Weiß abgetönter Umbra gestrichener Raum macht aus etwaigem Lichtmangel eine Tugend. Die Wände rücken einfach in den Hintergrund. Jeder Gegenstand, der davor platziert wird, erhält die Aufmerksamkeit ohne exponiert zu wirken. Umbra neutralisiert jedes zu viel an Buntheit oder Opulenz.

Helle Ocker

Auch hell ausgemischte gelbe oder rote Ocker ergeben angenehme Hintergrundfarben. Sie stabilieren optisch die Wand, sie erinnern an Sandstein, wirken sanft bis sonnengeküsst. Der enthaltene Grauanteil lässt sie im Gegensatz zu Pastelltönen wie Apricot nicht süßlich sondern schlicht und zurückhaltend wirken. Ihre Wärme fügt sich häufig gut in rustikalen Materialien ein, sie können jedoch auch in moderne, urbane Farbkonzepte eingebunden werden. Wichtig ist hier jedoch zu beachten, dass sie zu bräunlichen Bodenbelägen stimmig wirken.

Mushroom-Töne

Unter Mushroom-Tönen werden vergraute, dezente Violettnuancen bis Beigetöne mit einem Touch Violett zusammengefasst. Diese Farbgruppe wird meist in Literatur über Farben gar nicht erwähnt oder stark vernachlässigt. Schade, denn diese Farben haben mit der Wirkung der Töne an die man allgemein denkt, wenn die Begriffe Violett oder Lila fallen, so gut wie nichts gemeinsam. Mushroom-Töne wirken hintergründig, differenziert und subtil. Je nachdem mit welchen Farben und Materialien sie kombiniert werden, wirken sie erdig und natürlich oder elegant und exquisit. Matte Ausführungen eignen sich hier meist besser. Glänzend können diese Töne oft ein wenig irritierend bis künstlich erscheinen. Seidige Textilien in Mushroom-Tönen muten jedoch äußerst raffiniert und edel an.

Was hältst du von diesen Weißalternativen? War die ein oder andere Anregung für dich dabei? Hast du Lust auf einen neuen Wandanstrich, jetzt wo endlich in Ruhe Zeit dafür ist?

Derzeit sind keine Farbberatungen vor Ort möglich. Für grundsätzliche Anfragen stehe ich jedoch nach Absprache per Whatsapp oder Skype zur Verfügung.